Christoph Kay
Christoph Kay
repleno Founder
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Digitale Beschaffung im Handwerk: 12 Strategien für automatisierte Materialwirtschaft

Erfahren Sie, wie Handwerksbetriebe durch digitale Beschaffung bis zu 25% Materialkosten sparen. Praktische Anleitung mit Praxisbeispielen und Schritt-für-Schritt-Umsetzung.

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1. Grundlagen der digitalen Beschaffung im Handwerk

Jeder Handwerker kennt diese Szene: Es ist früh am Morgen, das Team trifft sich in der Halle, der Kaffee dampft noch und alle sind bereit, loszulegen. Doch als der Bulli gerüstet wird, fällt plötzlich auf: Die Wago-Klemmen sind schon wieder leer. Im Regal gähnende Leere, im Lager sucht man vergeblich und auf der Baustelle werden sie gleich dringend gebraucht.

Also heißt es wieder: „Komm, wir müssen noch schnell am Baumarkt vorbei.“

Ein ungeplanter Umweg, der Zeit frisst, den Ablauf durcheinanderbringt und Termine ins Wanken bringt. Für viele Handwerksbetriebe ist genau dieses Szenario längst tägliche Realität und jeden Monat ein stiller Kostentreiber.

Dabei steigt der Druck von außen weiter: Kunden erwarten Verlässlichkeit, Lieferketten schwanken stärker als je zuvor und Materialien müssen punktgenau verfügbar sein, damit der Tag nicht schon morgens scheitert. Genau hier setzt moderne, digitale Beschaffung an. Sie sorgt dafür, dass das richtige Material zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist ohne Chaos, ohne Stress, ohne ständiges Kontrollieren der Bestände im Lager.

Unser Beitrag How-To: So digitalisieren Handwerker die Beschaffung Ihrer Verbrauchsmaterialien zeigt, wie einfach der Schritt weg von Zetteln, Bauchgefühl und spontanen Telefonbestellungen hin zu klaren, automatisierten Prozessen wirklich ist. Digitale Beschaffung schenkt Handwerksbetrieben nicht nur Zeit und Transparenz, sondern auch ein riesiges Stück Wettbewerbsfähigkeit.

Digitale Beschaffung bedeutet: Bestell- und Lagerabläufe werden mit Software, Apps und Automatisierungen gesteuert. Kein Herumsuchen, kein „Wer hat’s bestellt?“, kein Überraschungs-Mangel. Stattdessen erkennen Systeme den Materialbedarf automatisch und lösen Bestellungen rechtzeitig aus.

Dass das funktioniert, bestätigen auch offizielle Stellen: Laut der IHK-Digitalisierungsberatung können Handwerksbetriebe durch digitale Prozesse ihre Effizienz um bis zu 30 Prozent steigern und gleichzeitig deutliche Kosteneinsparungen erzielen.

2. Vorteile der digitalen Materialbeschaffung

Kostenersparnis & Effizienzsteigerung

Digitale Lösungen bieten Preisvergleiche, automatische Bestellvorschläge und transparente Ausgabenübersichten. Das spart bares Geld und reduziert unnötige Mehrbestellungen. Betriebe, die ihre Beschaffung digitalisieren, berichten von Einsparungen zwischen 15 und 25 Prozent bei den Materialkosten.

Bessere Transparenz und Nachverfolgbarkeit

Jeder Mitarbeiter kann auf einen Blick sehen:

  • Welche Materialien sind verfügbar?
  • Was muss nachbestellt werden bzw. befindet sich in Bestellung?
  • Wie hoch sind die monatlichen Materialkosten?

Diese Transparenz minimiert Engpässe und sorgt für reibungslose Baustellenabläufe. Digitale Systeme dokumentieren jeden Materialfluss automatisch, was auch für die Betriebsprüfung und Nachkalkulation von unschätzbarem Wert ist.

Zeitgewinn durch Automatisierung

Was früher Stunden an Telefonaten, E-Mails und manuellen Bestellungen kostete, erledigt ein digitales System in wenigen Minuten. Mitarbeiter gewinnen wertvolle Zeit, die sie in produktive Tätigkeiten investieren können.

3. Typische Herausforderungen für Handwerker

Zeitintensive Bestellungen

Tägliche Telefonate, Rückfragen und manuelle Lieferzeitenabgleiche kosten wertvolle Zeit. Zeit, die auf Baustellen oft fehlt. Ein Meister verbringt durchschnittlich 3-5 Stunden pro Woche mit Bestellvorgängen, die bis auf Projektbedarfbeschaffung größtenteils automatisierbar wären.

Fehlende Materialübersicht

Wenn Material „verschwunden" ist oder niemand den Überblick hat, entstehen Verzögerungen. Besonders bei mehreren parallelen Baustellen verlieren Betriebe schnell die Übersicht über Lagerbestände und Materialverteilung.

Intransparente Kosten

Ohne digitale Erfassung wissen viele Betriebe nicht genau, welche Materialien tatsächlich wie viel kosten. Rabatte werden nicht optimal genutzt, Preiserhöhungen fallen nicht auf, und die Nachkalkulation wird zur Schätzung.

Kommunikationsprobleme im Team

Wenn jeder Mitarbeiter eigenständig und ohne zentrale Koordination bestellt, entstehen Doppelbestellungen, Fehlbestände und Chaos im Lager.

4. Schritt-für-Schritt-Anleitung: How-To: So digitalisieren Handwerker die Beschaffung Ihrer Verbrauchsmaterialien

Schritt 1: Analyse des aktuellen Prozesses

Zuerst sollte der Ist-Zustand festgehalten werden: Wie wird heute bestellt? Wer ist verantwortlich? Wo entstehen Verzögerungen?

Erstellen Sie eine ehrliche Bestandsaufnahme:

  • Wie viele Stunden pro Woche fließen in Bestellvorgänge?
  • Wie oft kommt es zu Materialengpässen?
  • Wie hoch ist die monatliche Fehlerquote bei Bestellungen?
  • Welche Lieferanten werden genutzt?
  • Gibt es ein Lagersystem oder herrscht Chaos?

Diese Analyse bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte und zeigt oft bereits, wo die größten Einsparpotenziale liegen.

Repleno kann dabei helfen, die Kosten transparent zu machen: Zum Einsparrechner

Schritt 2: Auswahl passender digitaler Tools

Gute Tools bieten:

  • Mobile, einfach Anwendung
  • Lieferantenanbindung
  • Lagerbestandsführung
  • Automatische Nachbestellungen oder mindestens Erinnerungen
  • Benutzerfreundliche Oberflächen
  • Schnittstellen zu bestehenden Systemen

Achten Sie darauf, dass die Lösung speziell für Handwerksbetriebe entwickelt wurde. Überdimensionierte ERP-Systeme aus der Industrie sind oft zu komplex und teuer.

Schritt 3: Zentrale Lieferantenverwaltung

Alle Lieferanten werden digital gebündelt. Mitarbeiter müssen nicht mehr auf verschiedenen Websites einkaufen, sondern haben alle Kataloge an einem Ort. Das schafft Übersicht und ermöglicht echte Preisvergleiche.

Legen Sie für jeden Lieferanten Stammdaten an:

  • Kontaktdaten
  • Lieferkonditionen
  • Rabattvereinbarungen
  • Lieferzeiten
  • Mindestbestellmengen

Schritt 4: Automatisierte Bestellprozesse

Über Mindestbestände lösen Systeme eigenständig Bestellanfragen aus. Das Herzstück der digitalen Beschaffung sind intelligente Bestellregeln:

  • Bei Unterschreitung des Mindestbestands wird automatisch eine Bestellung vorgeschlagen
  • Häufig benötigte Materialien werden in größeren Mengen mit Rabatt eingekauft
  • Saisonale Schwankungen werden berücksichtigt
  • Lieferzeiten fließen in die Bestellzeitpunkte ein

Die Automatisierung übernimmt die Routinearbeit, während strategische Entscheidungen beim Menschen bleiben.

Schritt 5: Mobile Lösungen auf der Baustelle

Per Smartphone können Materialien gescannt, bestellt und dokumentiert werden. Der Elektriker auf der Baustelle scannt den Barcode einer leeren Kabelrolle und löst damit automatisch eine Nachbestellung aus, ohne Anruf, ohne Notizzettel, ohne Verzögerung.

Mobile Apps ermöglichen:

  • Materialbuchungen direkt auf der Baustelle
  • Fotodokumentation von Materialschäden
  • Sofortbestellungen bei Engpässen
  • Echtzeit-Bestandsabfragen

5. Unverzichtbare digitale Werkzeuge für Handwerksbetriebe

Die Auswahl der richtigen digitalen Werkzeuge entscheidet über Erfolg oder Misserfolg der Digitalisierung. Folgende Lösungstypen haben sich bewährt:

Mobile Bestell-Apps

Apps wie die Würth App, ToolSense oder spezialisierte Handwerker-Lösungen ermöglichen Bestellungen von unterwegs. Sie sind besonders wertvoll für Betriebe mit vielen Außeneinsätzen.

Cloud-Lagerverwaltung

Cloudbasierte Systeme synchronisieren Lagerbestände in Echtzeit über alle Standorte hinweg. Jeder Mitarbeiter sieht sofort, wo welches Material verfügbar ist.

Digitale Lieferantenkataloge

Statt gedruckter Kataloge greifen Mitarbeiter auf aktuelle Online-Kataloge mit Preisen, Verfügbarkeiten und technischen Datenblättern zu.

Barcode- und QR-Scanner

Einfache Scanner oder Smartphone-Apps beschleunigen die Materialerfassung enorm und reduzieren Tippfehler auf null.

Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk bietet kostenlose Beratung und Praxisbeispiele für die Auswahl geeigneter digitaler Werkzeuge im Handwerk.

6. Digitale Lagerführung richtig umsetzen

Digitale Lagerhaltung sorgt dafür, dass alles zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Sie ist das Rückgrat einer funktionierenden digitalen Beschaffung.

Echtzeit-Bestandsverfolgung

Materialverbrauch wird automatisch dokumentiert. Jede Entnahme, jede Rückgabe und jeder Zugang werden in Echtzeit erfasst. Das System weiß immer genau, was wo lagert.

Barcode- und QR-Scanning

Einfaches Scannen ersetzt handschriftliche Bestelllisten. Ein Scan dauert zwei Sekunden – das manuelle Notieren und spätere Übertragen kostet Minuten und ist fehleranfällig.

Intelligente Bestellpunkte

Das System weiß genau, wann nachbestellt werden muss. Es berücksichtigt:

  • Durchschnittlichen Verbrauch
  • Saisonale Schwankungen
  • Lieferzeiten des Lieferanten
  • Mindestbestellmengen
  • Lagerkapazitäten

Lagerplatz-Optimierung

Digitale Systeme schlagen optimale Lagerplätze vor: Schnelldreher griffbereit, Langsamdreher weiter hinten, schwere Teile unten, häufig zusammen benötigte Artikel nebeneinander.

7. Lieferanten digital integrieren

Die Integration Ihrer Lieferanten ist ein entscheidender Schritt zur vollständigen Digitalisierung der Beschaffung.

Elektronische Kataloge

Elektronische Kataloge sorgen für schnellen Zugriff auf Artikel und Preise. Statt stundenlang in Papierkatalogen zu blättern, finden Mitarbeiter über die Suchfunktion in Sekunden das richtige Material.

Automatische Bestellabläufe

Bestellungen laufen ohne manuelle Eingriffe durch. Vom Bestellauslöser über die Freigabe bis zur Übermittlung an den Lieferanten – alles läuft digital und dokumentiert.

EDI-Schnittstellen

Größere Betriebe profitieren von EDI-Schnittstellen (Electronic Data Interchange), die Bestellungen, Auftragsbestätigungen und Lieferscheine zwischen den Systemen vollautomatisch austauschen.

Lieferantenportale

Viele Großhändler bieten eigene Portale, über die Handwerker direkt bestellen, Lieferungen verfolgen und Rechnungen einsehen können. Die Integration dieser Portale in die eigene Software schafft maximale Effizienz.

8. Mitarbeiterschulung für digitale Prozesse

Die beste Software nützt nichts, wenn die Mitarbeiter sie nicht nutzen oder nicht richtig anwenden können.

Einfache Onboarding-Methoden

Kurze Videos, klare Checklisten und Testbestellungen sorgen für schnelle Lernfortschritte. Niemand muss ein 200-seitiges Handbuch lesen, stattdessen lernen Mitarbeiter die wichtigsten Funktionen in 30 Minuten.

Bewährte Schulungsmethoden:

  • Praktische Übungen mit echten Beispielen aus dem Betriebsalltag
  • Video-Tutorials für jede Hauptfunktion (max. 3-5 Minuten)
  • Checklisten für die häufigsten Vorgänge
  • Ansprechpartner für Rückfragen
  • Regelmäßige kurze Auffrischungen

Umgang mit Technologie-Skepsis

Durch praktische Beispiele und kleine Schritte lassen sich viele Vorbehalte abbauen. Zeigen Sie konkret, wie viel Zeit und Nerven die digitale Lösung spart. Lassen Sie Skeptiker die Software selbst ausprobieren – nichts überzeugt mehr als die eigene positive Erfahrung.

Typische Bedenken und wie Sie darauf reagieren:

"Das haben wir schon immer so gemacht" → Zeigen Sie konkrete Zahlen: So viele Stunden sparen wir pro Woche, so viel Geld sparen wir pro Monat.

"Ich bin nicht gut mit Computern" → Moderne Apps sind intuitiver als die meisten Menschen denken. Oft ist die Bedienung einfacher als die alte Methode.

"Das dauert doch länger" → In den ersten Tagen vielleicht, aber nach einer Woche ist jeder schneller als vorher.

Champions im Team identifizieren

Finden Sie in Ihrem Team einen oder zwei Digital Champions, technikaffine Mitarbeiter, die als Multiplikatoren und Ansprechpartner fungieren. Sie helfen Kollegen bei Fragen und sammeln Feedback zur Verbesserung der Prozesse.

9. Datenschutz & Sicherheit

Digitale Beschaffung erfordert hohe Standards beim Schutz sensibler Geschäftsdaten.

Verschlüsselung und sichere Übertragung

  • SSL-Verschlüsselung für alle Datenübertragungen
  • Sichere Server in deutschen Rechenzentren
  • Regelmäßige Sicherheitsupdates
  • Backup-Strategien für Notfälle

Zugriffskontrolle

  • Zwei-Faktor-Authentifizierung für alle Benutzer
  • Rollenbasierte Zugriffe: Jeder Mitarbeiter sieht nur, was er für seine Arbeit braucht
  • Protokollierung aller Änderungen für Nachvollziehbarkeit
  • Automatische Abmeldung bei Inaktivität

DSGVO-Konformität

Achten Sie darauf, dass Ihre Lösung DSGVO-konform ist. Das bedeutet:

  • Datenverarbeitung in der EU
  • Klare Datenschutzerklärung
  • Möglichkeit zur Datenlöschung
  • Transparenz über gespeicherte Daten

Lieferanten-Datenschutz

Klären Sie mit Ihren Lieferanten, wie Bestelldaten gespeichert und verarbeitet werden. Schließen Sie wenn nötig Auftragsverarbeitungsverträge ab.

10. Praxisbeispiel: Ein kleiner Handwerksbetrieb digitalisiert seine Beschaffung

Um das Konzept hinter unserem Blog greifbar zu machen, schauen wir uns ein realistisches Szenario an.

Ausgangssituation

Der fiktive Betrieb Müller & Sohn Elektroinstallationen kämpfte seit Jahren mit denselben Problemen:

  • Fehlende Übersicht über Verbrauchsmaterialien
  • Häufige Engpässe bei Kleinteilen wie Dübeln, Sicherungen und Isolierband
  • Unnötige Fahrten zum Großhandel (durchschnittlich 4-5 pro Woche)
  • Unklare Zuständigkeiten beim Bestellen
  • Keine Transparenz über monatliche Materialkosten
  • Streit im Team über "verschwundenes" Material

Das Team bestand aus 12 Mitarbeitern, verteilt auf mehrere Baustellen pro Woche. In Spitzenzeiten kam es häufiger vor, dass Material fehlte und ein Mitarbeiter zur nächsten Filiale fahren musste. Meistens während der Arbeitszeit, was Kunden verärgerte und Kosten verursachte.

Geschäftsführer Tommi Müller rechnete vor: "Wir verlieren pro Woche mindestens 6 Stunden durch Materialfahrten. Bei einem Stundensatz von 75 Euro sind das 450 Euro. Nur für Fahrten! Dazu kommen die eigentlichen Materialkosten, die wir mangels Übersicht nicht optimieren können."

Umsetzung der Digitalisierung

Der Betrieb entschied sich für eine schrittweise Einführung über drei Monate:

Monat 1: Erfassung und Systemaufbau

  1. Erfassung aller aktuellen Verbrauchsmaterialien: Jedes gängige Verbrauchsmaterial wurde in einer zentralen Software erfasst. Das Team investierte zwei Samstage, um das komplette Lager zu inventarisieren und zu digitalisieren.
  2. Einrichtung digitaler Mindestbestände: Für jeden Artikel wurde basierend auf historischen Verbrauchsdaten ein Mindestbestand definiert. Das System erkannte künftig automatisch, wenn ein Artikel knapp wurde.
  3. Schulung des Teams: Alle Mitarbeiter erhielten eine zweistündige Einführung plus individuelle Nachschulungen.

Monat 2: Mobile Integration

  1. Mobile App für das Lager: Mitarbeiter scannen bei Entnahme im Lager Barcodes und lösen so Bestandsbuchungen aus. Jeder Monteur bekam ein Dienst-Smartphone mit der Beschaffungs-App.
  2. Testphase mit Feedback-Runden: Wöchentliche kurze Meetings sammelten Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge.

Monat 3: Automatisierung und Optimierung

  1. Anbindung der Stamm-Lieferanten: Die Lieferanten wurden an die Software angeschlossen und Bestellungen laufen jetzt direkt aus dem System zum Lieferanten.
  2. Automatisierte Freigabeprozesse: Bei den meisten Artikeln laufen vollautomatisch durch. Größere Bestellungen oder bestimmte Artikel werden automatisch dem Meister per E-Mail zur Freigabe vorgelegt.
  3. Feintuning der Mindestbestände: Nach den ersten Wochen wurden die Mindestbestände anhand echter Verbrauchsdaten optimiert.

Ergebnis nach sechs Monaten

Die Digitalisierung zeigte beeindruckende Verbesserungen:

  • 37 % weniger Materialengpässe – kritische Situationen auf Baustellen wurden zur Seltenheit
  • 25 % geringere Zeitverluste durch spontane Einkaufsfahrten – Zeit, die jetzt produktiv genutzt wird
  • 15–22 % geringere Materialkosten durch transparente Vergleiche und Mengenrabatte
  • Deutlich höhere Mitarbeiterzufriedenheit, da Chaos im Lager beseitigt wurde
  • Ein sauberer, nachvollziehbarer Beschaffungsprozess – die Buchhaltung freut sich über ordentliche Belege

Tommi Müller resümiert: "Die Investition von etwa 3.500 Euro für Software, Schulung und Hardware hat sich bereits nach vier Monaten amortisiert. Aber noch wichtiger: Meine Mitarbeiter sind zufriedener, wir arbeiten professioneller, und ich kann nachts wieder ruhig schlafen, weil ich weiß, dass morgen kein Material fehlt."

Besonders beeindruckt zeigt er sich von einem Nebeneffekt: "Wir können jetzt bei größeren Aufträgen viel präziser kalkulieren, weil wir genau wissen, was Materialien wirklich kosten. Das hat uns schon mehrere lukrative Aufträge gesichert, die wir früher aus Unsicherheit zu teuer angeboten hätten."

Dieses Beispiel zeigt: Selbst kleine Handwerksbetriebe profitieren massiv, sobald die ersten Schritte digitalisiert sind.

11. Kosten digitaler Beschaffungslösungen

Digitale Beschaffung muss nicht teuer sein. Viele Lösungen sind modular aufgebaut, sodass Sie mit dem beginnen können, was Sie wirklich brauchen.

Abomodelle

Typische monatliche Preise:

LösungstypDurchschnittlicher Preis
Mobile Bestell-App10–20 € pro Nutzer/Monat
Digitale Lagerverwaltung49–150 € pro Betrieb/Monat
Komplettlösungen mit ERP-Anbindung150–500 € pro Monat
Scanner-Hardware50–200 € einmalig

Kleinere Betriebe mit 3–5 Mitarbeitern kommen oft bereits mit Investitionen unter 100 € monatlich aus.

Einmalige Investitionen

Neben den laufenden Kosten fallen einmalige Investitionen an:

  • Einrichtung und Konfiguration: 500–2.000 €
  • Schulung des Teams: 300–800 €
  • Hardware (Scanner, Tablets): 200–1.000 €
  • Datenerfassung (einmaliges Inventarisieren): 500–1.500 € (abhängig vom Lagerumfang)

Kosten-Nutzen-Vergleich

Die Erfahrung zeigt: Digitale Beschaffung amortisiert sich meist innerhalb von 3–6 Monaten, weil:

  • Weniger Material verschwendet wird (durchschnittlich 8–12 % Einsparung)
  • Seltener zu teuer eingekauft wird (5–15 % Kostenreduktion durch bessere Preisvergleiche)
  • Mitarbeiter produktiver arbeiten (3–6 Stunden Zeitersparnis pro Woche)
  • Weniger Fehler auftreten (Reduzierung von Fehlbestellungen um 60–80 %)
  • Lagerkosten sinken (durch optimierte Bestände 10–20 % weniger gebundenes Kapital)

Gerade im Handwerk, wo Material zeitkritisch ist, schlägt sich die Digitalisierung sofort positiv nieder.

Fördermöglichkeiten

Viele Betriebe wissen nicht, dass Digitalisierungsprojekte gefördert werden. Informieren Sie sich über:

  • go-digital – Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft
  • Digital Jetzt – Investitionsförderung für digitale Technologien
  • Regionale Förderprogramme der Bundesländer
  • KfW-Kredite für Digitalisierungsprojekte

Oft lassen sich 30–50 % der Investitionskosten fördern.

12. Häufige Fehler bei der Digitalisierung

Viele Handwerksbetriebe machen dieselben Fehler beim Versuch, ihre Beschaffung zu digitalisieren. Lernen Sie aus den Erfahrungen anderer und vermeiden Sie diese Stolperfallen.

Fehlende Einbindung des Teams

Wenn Mitarbeiter nicht frühzeitig abgeholt werden, entstehen Widerstände. Erfolg entsteht nur, wenn alle Beteiligten die Vorteile verstehen und anwenden. Beziehen Sie Ihr Team von Anfang an ein und fragen Sie nach deren Bedürfnissen und Bedenken.

Unvollständige Stammdatenerfassung

Wenn nur 80 % der Materialien digital erfasst sind, werden die restlichen 20 % weiterhin analog bestellt und das System funktioniert nicht richtig. Nehmen Sie sich die Zeit für eine vollständige Ersterfassung.

Keine klaren Verantwortlichkeiten

Wenn niemand für die Pflege des Systems zuständig ist, verkommt es schnell. Benennen Sie einen System-Verantwortlichen, der sich um Updates, Stammdatenpflege und Support kümmert.

Zu komplizierte Prozesse

Digitalisierung soll vereinfachen, nicht verkomplizieren. Wenn der digitale Prozess aufwendiger ist als der alte analoge, werden Mitarbeiter Wege finden, ihn zu umgehen. Halten Sie alles so einfach wie möglich.

Fehlende Messbarkeit

Wer nicht misst, kann nicht verbessern. Definieren Sie von Anfang an Kennzahlen:

  • Durchschnittliche Bestellzeit
  • Anzahl der Eilbestellungen
  • Materialkosten pro Auftrag
  • Lagerumschlagshäufigkeit
  • Mitarbeiterzufriedenheit

Nur so erkennen Sie, ob die Digitalisierung erfolgreich ist.

Mangelnde Lieferantenabstimmung

Klären Sie frühzeitig mit Ihren Hauptlieferanten, welche digitalen Schnittstellen verfügbar sind. Manche Großhändler bieten eigene Apps oder APIs an, die die Integration erheblich erleichtern. Eine Insellösung kann für den Start ausreichend sein. Sobald sie von mehreren Lieferanten beliefert werden, kann es für Sie von Vorteil sein, eine unabhängige App zu verwenden, bei dem Sie die Kontrolle über Lieferanten und Artikel haben und nicht umgekehrt.

13. Zukunftstrends der digitalen Beschaffung

Die Digitalisierung im Handwerk steht noch am Anfang. Die Zukunft bringt große Veränderungen, auf die Sie sich heute schon vorbereiten können.

Vollautomatische Materialversorgung

Neue Apps werden ganze Nachbestellungen autonom durchführen. Lieferanten liefern direkt an Baustellen oder in intelligente Depots, ohne dass ein Mitarbeiter aktiv werden muss.

So entnimmt ein Elektriker den vorletzten B16-Sicherungsautomatischen aus dem Lager. Dies wird automatisch registriert, das System bestellt nach, und am nächsten Morgen liegen die neuen Automatischen im Materialdepot vollautomatisch, ohne manuellen Eingriff.

IoT-Integration (Internet of Things)

Intelligente Regale mit Gewichtssensoren erkennen automatisch, wenn Material entnommen wird. RFID-Transponder ermöglichen die sekundenschnelle Inventur des gesamten Lagers. Smarte Werkzeugkoffer melden, wenn Verbrauchsmaterial zur Neige geht.

Blockchain für Lieferketten

Blockchain-Technologie ermöglicht vollständige Transparenz über Lieferketten: Von welchem Hersteller stammt das Material? Wie war der Transportweg? Ist die Qualitätszertifizierung echt? Diese Informationen werden fälschungssicher dokumentiert.

Augmented Reality für Lagerverwaltung

AR-Brillen zeigen Lagermitarbeitern direkt im Sichtfeld, wo sich welches Material befindet und wie der optimale Kommissionierweg aussieht. Die Fehlerquote sinkt gegen null, die Geschwindigkeit steigt deutlich.

Predictive Maintenance für Material

Sensoren in Lagern überwachen Umgebungsbedingungen und warnen, wenn Materialien durch Feuchtigkeit, Temperatur oder Licht beeinträchtigt werden könnten. So wird Materialverschwendung durch Lagerungsschäden vermieden.

Diese Entwicklungen machen Materialengpässe praktisch unmöglich und reduzieren die administrativen Aufwände auf ein Minimum.

14. Integration mit anderen Betriebsprozessen

Digitale Beschaffung entfaltet ihr volles Potenzial erst, wenn sie mit anderen digitalen Prozessen im Betrieb vernetzt ist.

Anbindung an Projektmanagement

Wenn Ihr Projektmanagement-Tool weiß, welche Aufträge anstehen, kann es automatisch die benötigten Materialien ermitteln und die Beschaffung anstoßen. Material und Projekte werden synchron geplant.

Integration mit Zeiterfassung

Die Zeiterfassung zeigt, welcher Mitarbeiter auf welcher Baustelle arbeitet. Das Beschaffungssystem weiß dadurch, wohin Material geliefert werden soll.

Verknüpfung mit Warenwirtschaft

Eine nahtlose Verbindung zwischen Beschaffung und Warenwirtschaft sorgt für durchgängige Datenflüsse: Von der Bestellung über den Wareneingang bis zur Auftragszuordnung und Rechnungsstellung läuft alles automatisch.

Schnittstelle zur Buchhaltung

Digitale Beschaffung liefert der Buchhaltung automatisch alle relevanten Daten: Bestellungen, Lieferscheine, Rechnungen – alles digital, zuordenbar und prüfbar. Das spart erhebliche Zeit bei der Buchhaltung und Jahresabschluss.

15. FAQ – Häufig gestellte Fragen

1. Was versteht man unter digitaler Beschaffung im Handwerk?

Es handelt sich um die Nutzung digitaler Tools, um Bestellungen, Lagerstände und Lieferantenprozesse effizienter zu gestalten. Statt manueller Telefonate, Papierlisten und Notizzettel übernehmen Software-Lösungen die Organisation, Durchführung und Dokumentation aller Beschaffungsvorgänge.

2. Lohnt sich Digitalisierung auch für kleine Handwerksbetriebe?

Ja, sogar besonders. Kleine Betriebe leiden oft stärker unter Zeit- und Materialverlusten. Sie haben weniger Puffer und müssen effizienter arbeiten. Digitale Beschaffung schafft Ordnung und spart Kosten oft mit überschaubaren Investitionen von unter 100 Euro monatlich.

3. Kann ich meine bestehenden Lieferanten einbinden?

In den meisten Fällen ja. Viele Großhändler wie Würth, Sonepar oder Berner bieten digitale Kataloge und Schnittstellen. Auch kleinere regionale Lieferanten stellen zunehmend digitale Bestellmöglichkeiten zur Verfügung. Im Zweifel kann zunächst mit einer manuellen Integration gestartet werden, bis der Lieferant eine automatische Schnittstelle anbietet.

4. Wie lange dauert die Einführung eines digitalen Systems?

Je nach Umfang zwischen 1 und 4 Wochen. Die meisten Lösungen sind sogar binnen Stunden einsatzbereit. Die Grundinstallation dauert bei ERP-Systemen jedoch Tage. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Ersterfassung der Stammdaten und der Schulung des Teams. Planen Sie realistisch 4–6 Wochen vom Projektstart bis zum vollständigen produktiven Betrieb.

5. Sind digitale Beschaffungssysteme sicher?

Moderne Systeme erfüllen hohe Sicherheitsstandards wie Verschlüsselung und rollenbasierte Zugriffe. Achten Sie bei der Auswahl auf: SSL-Verschlüsselung, Server-Standorte in Deutschland oder EU, DSGVO-Konformität, regelmäßige Sicherheitsupdates und Backup-Systeme. Seriöse Anbieter sind transparent über ihre Sicherheitsmaßnahmen.

6. Welche Materialien eignen sich besonders für digitale Beschaffung?

Vor allem Verbrauchsmaterialien: Schrauben, Dübel, Klebeband, Spachtelmasse, Schleifpapier, Handschuhe, Reinigungsmittel, Kabel, Isoliermaterial, Kleinteile. Alles, was häufig gebraucht wird und in größeren Mengen verbraucht wird. Auch Werkzeuge und Arbeitsschutzartikel lassen sich gut digital verwalten.

7. Was passiert, wenn das System ausfällt?

Seriöse Lösungen haben Ausfallsicherungen: Cloud-Backups, redundante Server und Offline-Modi. Im Notfall können Sie meist auf eine manuelle Notfall-Bestellung zurückgreifen. Wichtig: Wählen Sie Anbieter mit hoher Verfügbarkeit (mindestens 99,5 % Uptime) und Support-Hotline.

8. Brauche ich technisches Know-how?

Nein. Moderne Systeme sind bewusst für Nicht-IT-Spezialisten entwickelt. Wenn Sie ein Smartphone bedienen können, kommen Sie auch mit digitaler Beschaffungssoftware zurecht. Die Hersteller legen großen Wert auf intuitive Bedienung.

9. Kann ich das System später erweitern?

Ja, die meisten Lösungen sind modular aufgebaut. Sie starten mit Grundfunktionen und fügen später hinzu: erweiterte Lagerverwaltung, mehr Lieferantenintegrationen, Schnittstellen zu anderen Systemen, zusätzliche Benutzer oder Standorte. Das ermöglicht ein schrittweises Wachstum ohne komplette Systemwechsel. Die Frage ist, ob Sie das alles brauchen?

10. Wie schnell sehe ich Ergebnisse?

Erste Verbesserungen zeigen sich oft schon nach 2–3 Wochen: weniger Suchzeiten, übersichtlichere Bestellungen, erste Kosteneinsparungen. Die volle Amortisation der Investition erfolgt typischerweise nach 3–6 Monaten. Langfristige strategische Vorteile entwickeln sich über 6–12 Monate.

16. Fazit: Die Zukunft der Handwerksbeschaffung ist digital

Der Leitfaden zeigt klar: Digitalisierung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Sie macht Bestellprozesse transparenter, senkt Kosten, verbessert die Zusammenarbeit im Team und beseitigt Engpässe nachhaltig.

Die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst:

  1. Digitalisierung zahlt sich aus: Betriebe sparen durchschnittlich 15–25 % der Materialkosten und 3–6 Stunden pro Woche an Arbeitszeit.
  2. Der Einstieg ist einfacher als gedacht: Mit überschaubaren monatlichen Kosten ab 50–100 Euro können auch kleine Betriebe starten.
  3. Mitarbeiter profitieren direkt: Weniger Stress, weniger Suchzeiten, weniger Ärger mit fehlendem Material – die Arbeitszufriedenheit steigt messbar.
  4. Die Technologie ist ausgereift: Moderne Lösungen sind speziell für Handwerksbetriebe entwickelt – intuitiv, robust und zuverlässig.
  5. Zukunftssicherheit: Wer heute digitalisiert, hat morgen die Nase vorn. KI und Automatisierung werden die Beschaffung weiter revolutionieren.

Handwerker, die heute auf digitale Beschaffung setzen, arbeiten schneller, effizienter und konkurrenzfähiger. Die Zukunft gehört Betrieben, die ihre Abläufe konsequent digital modernisieren.

Der beste Zeitpunkt zu starten ist jetzt. Beginnen Sie mit einer kleinen Lösung, sammeln Sie Erfahrungen, optimieren Sie kontinuierlich. Schon nach wenigen Wochen werden Sie sich fragen, wie Sie jemals ohne digitale Beschaffung arbeiten konnten. Die digitale Transformation im Handwerk ist keine ferne Vision mehr. Sie findet hier und heute statt. Seien Sie Teil dieser Entwicklung und sichern Sie Ihrem Betrieb einen Wettbewerbsvorteil, der sich täglich auszahlt.


Infos vom Autor: Dieser Leitfaden basiert auf praktischen Erfahrungen und aktuellen Entwicklungen in der Handwerksdigitalisierung, unterstützt durch Expertenwissen von IHK und Mittelstand-Digital Zentren.

Hinweis: Dieser Artikel dient als Orientierungshilfe. Individuelle Anforderungen können abweichen. Für spezifische Beratung kontaktieren Sie einen Digitalisierungsexperten oder Ihre lokale IHK.

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